Die Auswahl der Kurzfilme für den Wettbewerb der Berlinale ist für Kuratorin Maike Mia Höhne und ihr Team keine Frage von "gut" oder "schlecht". Viel wichtiger und Herausfordernder ist die Aufgabe, in Bezug auf Genre, Format, Sprache, Thema und auch Dauer sehr unterschiedliche Werke als stimmiges Programm miteinander zu verbinden.
Jedes Jahr zeigen sich die Shorts als Komposition aufeinander abgestimmter Klänge, zwischen denen sich trotz häufig komplett andersartiger Machart inhaltliche Parallelen ziehen lassen. Ein Genuss, besonders wenn man bewusst darauf achtet. Das beginnt mit übersehbaren Kleinigkeiten. Berlinale Shorts III zeigt dieses Jahr beispielsweise vier Kurzfilme, in denen Gefangenschaft und Gefängnisse thematisiert werden.
Dies allerdings auf so individuelle Weise, dass dem Zuschauer derartige Gemeinsamkeit nicht gleich offensichtlich erscheint. Erst wenn er sich bewusst mit der Frage auseinandersetzt, warum ausgerechnet diese vier Filme in dieser Reihenfolge in diesem Block gezeigt werden, fallen ihm nach und nach vielerlei solcher mit sehr viel Überlegung erschaffene Akkorde auf.
Jeder Block und jedes komplette Programm der Berlinale Shorts ist Jahr für Jahr genauso ein richtiger Film, wie die individuellen Filme für sich selbst. Hier nur einzelne Beiträge herauszuziehen und separat zu betrachten käme dem Versuch gleich, nur einzelne Töne einer Symphonie zu hören. So schön diese Töne auch klingen mögen, ohne die Gesamtkomposition drumherum klaffen im Lied große Lücken.
Terminplan im Büro der Berlinale Shorts (Foto: Daniel Pook) |
Sie alle sind aber nichtsdestotrotz Erlebnisse, wirklich einzigartige dazu. Manche wecken positive, manche negative, manche auch ganz neutrale Gefühle. Jedem Film gelingt ein anderer Ausdruck des Mottos "Say goodbye to the Story" und wer alle Shorts 2012 gesehen hat, kann dieses Motiv anhand einer breiten Palette von Interpretationen für sich persönlich reflektieren.
Damit bieten die Shorts dem Zuschauer wie keine andere Berlinale-Sektion die Möglichkeit, seinen Horizont für Filme und den Umgang mit bewegten Bildern zu erweitern. Auswahl und Struktur des Programms erleichtern es, auch ungewohnte Ausdrucksformen auf sich wirken zu lassen und eine unglaubliche Vielfalt an Beiträgen in der kurzen Zeit eines Screenings von Feature-Film-Länge bekömmlich verarbeiten zu können.
(Fotos: Daniel Pook)